Japan lesen, sehen und hören

Auf dem Sofa nach Japan: Unterhaltsame Filme, Serien und Bücher über das Land der aufgehenden Sonne.

Japan lesen, sehen und hören

Shogun

James Clavells Roman über den englischen Navigator James Blackthorn, der im 17. Jahrhundert in die Machtkämpfe japanischer Fürsten gerät, ist eigentlich klassischer Hollywoodstoff – und eigentlich hätte bei „Shogun“ viel schief gehen können. Stattdessen haben die Macher der Serie die komplexe Handlung der Romanvorlage äußerst feinfühlig ins Bild gesetzt.

Shogun, ©Disney Plus

Das Aufeinanderprallen der Kulturen, die Ränkespiele, die Liebe und der zerstörerische Einfluss der katholischen Kirche – all das wird behutsam und mit großer Sorgfalt erzählt. Dazu kommen wunderschöne Naturaufnahmen und großartige japanische Schauspielerinnen und Schauspieler, die – auch in der Version für den deutschen Markt – nicht synchronisiert wurden. Zum Lohn gab es 18 Emmys. Und hoffentlich die Entscheidung für eine weitere Staffel. (Bei Disney+, zehn Folgen)

Midnight Diner

Ein kleiner Imbiss in einer Seitengasse irgendwo in Tokios Viertel Shinjuku. Geöffnet zwischen Mitternacht und sieben Uhr morgens. Auf der Karte: Bier, Sake, Shochu, das hochprozentige japanische Nationalgetränk, – und Misosuppe. Ansonsten kocht der Besitzer, was seine Gäste sich wünschen (und wofür sie die Zutaten notfalls schnell einkaufen): Tan-Men-Suppe, Würstchen im Teigmantel, Pfannkuchen. Am Tresen: Taxifahrer, Prostituierte, Angestellte, Mitglieder der japanischen Mafia Yakuza, ein Radiomoderator. Menschen, die nachts nicht wissen, wohin mit sich selbst.

Midnight Diner, ©Netflix

Und die niemanden anderes zu haben scheinen als den Imbissbesitzer, der mit „Meister“ angesprochen wird. Jede Folge dauert 23 Minuten, jede kreist um das Leben der Kunden und um die Ratschläge des Meisters. Eine wundervolle Serie darüber, wie Essen und ein behaglicher Rückzugsort Menschen zusammenbringen können. Auch in der Megametropole Tokio. (Netflix, zwei Staffeln, 20 Folgen)

Hakuri Murakami: Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

Ein Großteil des neuen Murakami entstand während des Corona-Lockdowns, und auch nach dessen Aufhebung hat Japans bekanntester Schriftsteller das Haus lange Zeit nicht verlassen: Die ummauerte Stadt aus dem Titel stehe auch für die abgeschottete Welt der COVID-Jahre, hat er dem Guardian neulich erzählt. Und er habe die Abgeschiedenheit gebraucht, um sich auf die Geschichte konzentrieren zu können. Wie die beginnt? Ein junger namenloser Erzähler verliebt sich in ein  Mädchen, das in einer Stadt lebt, die nur betreten darf, wer seinen eigenen Schatten zurücklässt – und in der eine geheimnisvolle Bibliothek existiert.

©Buchcover DuMont

Wie immer entfaltet Murakamis Sprache einen merkwürdigen Sog, und wie immer kann man das Buch nicht aus den Händen legen, auch wenn man – wie immer! – schon bald nicht mehr weiß, was real ist und was Traum oder Einbildung. Murakamis deutscher Verlag hat übrigens schon vor knapp zwanzig Jahren kartonweise T-Shirts mit aufgedruckten Glückwünschen zum Literaturnobelpreis mit zur Frankfurter Buchmesse gebracht, um sie nach der Bekanntgabe des Preisträgers zu verteilen. Vielleicht werden sie ja bei der nächsten Verleihung ausgepackt? (DuMont Buchverlag 2024)

Babymetal

Was kommt dabei heraus, wenn man den aufgedreht kieksigen Sound des J-Pop mit den Dezibel-Gewittern des Heavy Metal zusammenbringt? Und drei junge Sängerinnen castet, die in Bustiers und Rüschenröcken nach ausgefeilten Choreographien über die Bühne tanzen? Die Band Babymetal kommt dabei heraus. Und Kawaii-Metal, ein ohrenbetäubend lauter Musikstil, der den japanischen Hang zur Kleinmädchenniedlichkeit mit testosteronschweren Soundkaskaden kombiniert.

Bei der Gründung des Trios (die Band bleibt stets im Hintergrund) waren die Sängerinnen gerade mal 13 und erzählten in Interviews bereits davon, die Musikwelt erobern zu wollen. Fünfzehn Jahre später hat das längst funktioniert. Babymetal haben erfolgreiche Tourneen durch die USA absolviert und standen bei Rock am Ring und in Wacken auf der Bühne. Und ihr signature song „Gimme Chocolate!“ kommt bei YouTube mittlerweile auf fast 200 Millionen Abrufe.