Land & Leute

Schnell wie der Blitz

Der Läufer Leonidas von Rhodos galt als schnellster Mann der Antike: Bei vier aufeinander folgenden Olympischen Spielen in den Jahren 164, 160, 156 und 152 v. Chr. gewann er zwölf Wettbewerbe. Erst 2168 Jahre später sollte der US-Schwimmer Michael Phelps den Rekord des Griechen mit seiner 13. (Einzel-)Goldmedaille knacken. Bei seinen vier Olympischen Spielen siegte Leonidas beim Stadionlauf (ca. 200 m), beim Diaulos (dem doppelten Stadionlauf, ca. 400 m) sowie im härtesten Wettbewerb, dem Hoplitodromos, einem Sprint mit Helm auf dem Kopf und Schild in der Hand.

Trikots gab es im antiken Griechenland noch nicht – die Athleten traten nackt an.

Über sein Leben weiß man wenig, wahrscheinlich tingelte der Mann von Rhodos wie andere Leistungssportler seiner Zeit von Wettbewerb zu Wettbewerb und lebte von den Prämien (bei den antiken Olympischen Spielen erhielten Sieger lediglich einen Olivenkranz). Allerdings scheint er weder besonders flink ausgesehen noch wie damals üblich trainiert zu haben. Der Sophist Philostratus schrieb jedenfalls später über den Ausnahmesportler, Leonidas habe sämtliche Theorien über Trainingsmethoden und Körperbau zunichte gemacht.

Das Erbe einer Dichterin

Das Wort lesbisch leitet sich von der Insel Lesbos ab: Die Dichterin Sappho besang hier um 600 v. Chr. die Liebe zwischen Frauen in berühmt gewordenen Versen. Um 1900 verbrachten dann die Autorin Renée Vivien und ihre Partnerin Natalie Barney mehrere Sommer auf Lesbos – ein Signal an viele homosexuelle Frauen aus Europa und Amerika, die den beiden auf die Insel folgten.

Lesbos hat eine wichtige Bedeutung für die queere Community.

Spätestens seit den 1970er-Jahren wurde das Dorf Skala Eresou, Geburtsort der Dichterin Sappho, dann zum internationalen Treffpunkt der lesbischen Bewegung; die Filmemacherin Tzeli Hadjidimitriou hat das Leben dort vier Jahrzehnte lang begleitet und ihre Doku „Lesvia“ 2024 vorgestellt. Im September feiert Lesbos das International Eressos Women’s Festival, zwei Wochen voller Musik, Workshops und Begegnungen.

Architekt des modernen Griechenlands

Dem Nationalhelden Griechenlands begegnen Urlauber schon bei der Ankunft: Athens internationaler Flughafen ist nach Eleftherios Venizelos benannt. Der 1864 auf Kreta geborene Politiker gilt als Architekt des modernen Griechenlands. Venizelos modernisierte Verfassung und Verwaltung, professionalisierte Justiz und Staatsdienst, stärkte Bildung, Landwirtschaft und Infrastruktur.

Statue von Eleftherios Venizelos in Heraklion: Der Politiker wird auf seiner Geburtsinsel Kreta besonders verehrt.

Gegen erheblichen Widerstand öffnete er das Land nach Westen und setzte sich für eine Versöhnung mit der Türkei ein. Schon zuvor (1913) hatte er Kreta mit Griechenland vereint. Venizelos dachte europäisch, handelte pragmatisch und setzte auf Kompetenz statt auf Klüngel. Heute ist in jeder größeren Stadt eine Straße nach ihm benannt, und in fast jeder großen steht seine Statue. Sein Elternhaus bei Chania auf Kreta ist ein sehenswertes Museum.

Onassis‘ Insel

Möglicherweise ist das kleine Skorpios im Ionischen Meer die unbekannteste aller griechischen Inseln – was vor allem daran liegt, dass kaum jemand sie in den letzten Jahrzehnten betreten hat. Der Reeder Aristoteles Onassis hatte Skorpios 1963 gekauft, für damals 3,5 Millionen Drachmen, heute umgerechnet 13.000 Euro. Der berühmteste (und reichste) Grieche seiner Zeit ließ tausende Bäume pflanzen, feierte rauschende Feste – und heiratete hier Jackie Kennedy.

Sollten seine Nachkommen irgendwann nicht mehr in der Lage sein, Skorpios zu unterhalten, legte Onassis damals fest, falle die Insel an die Fluglinie Olympic Airlines. Oder an den griechischen Staat. Bill Gates, Giorgio Armani und angeblich auch Madonna blitzten deswegen ab, als sie Skorpios kaufen wollten. Seit gut zehn Jahren bestimmt die russische Rybolovlev-Familie die Geschicke der Insel; sie hat ein 99-jähriges Nutzungsrecht erworben und plant ein Luxusresort. Künftig wird man also Urlaub auf Skorpios machen können. Buchen kann man dann aber kein Doppelzimmer, sondern offenbar nur das komplette Resort. Für angeblich etwas über eine Million Euro die Woche.

Pulsierende Mauern

Manchmal sieht es aus, als bewegten sich die Wände, als pulsierten sie, als hätten die Mauern einen eigenen Herzschlag: Die Murals, die Argiris „Ser“ Saraslanidis auf der Insel Korfu an Hausfassaden und Fabrikhallen sprüht, sind keine gewöhnlichen Graffiti – mit seinen Gemälden erweckt er bröckelnde Fassaden zum Leben. Der in Thessaloniki geborene Sprayer gehört längst zu den prägenden griechischen Street-Art-Künstlern.

Was vor allem an seiner Gabe liegt, geometrische Spiralen und psychedelische Farbskalen wie Hologramme flimmern zu lassen: Wenn man sie lange genug betrachtet, scheinen sie sich zu bewegen. Besonders eindrucksvoll ist ihm das im kleinen Ort Pelekas im Westen von Korfu gelungen, den er zusammen mit anderen Künstlern in ein Graffiti-Open-Air-Museum verwandelt hat.

Wallfahrtsort der High Society

In der Antike war die Nachbarinsel Delos ein wichtiger Wallfahrtsort, zu dem Pilger aus der ganzen damals bekannten Welt reisten – heute hat Mykonos diese Rolle übernommen: Die einst bettelarme Kykladeninsel ist zu Griechenlands berühmtestem Jetset-Hotspot geworden (entdeckt hatten sie und ihre wunderschönen Strände einst die Hippies, wer sonst). Mittlerweile gesellen sich viele Pauschalurlauber zu den Schönen und Reichen.

Dazu kommen in der Hauptsaison dann noch die Passagiere von bis zu acht Kreuzfahrtschiffen täglich: Wer Ruhe sucht, fährt besser auf eine andere griechische Insel. Und verpasst den Zauber, den Mykonos immer noch bewirken kann. Vor allem in der Nebensaison. Oder ganz früh am Morgen. In Choras engen Gassen mit den weiß getünchten Häusern und ihren blauen Fensterläden dösen dann die Katzen, und die Windmühlen über der Stadt sehen aus, als habe sie jemand kurz vor Sonnenaufgang an den rötlichen Himmel gepinselt. In den kleinen Dörfern sitzen die Alten vor den Kafenions und besprechen die Weltlage, und mit etwas Glück kann man draußen im Meer Delphine sehen.  

Das berühmteste Schiffswrack Griechenlands

Es ist noch nicht allzu lange her, da konnte man am Aussichtpunkt über dem Navagio Beach auf Zakynthos anhalten, aussteigen, ein Foto vom malerisch unten am Traumstrand liegenden Schiffswrack der „Panagiotis“ schießen und sich auf einen Bootsausflug dorthin freuen. Dann aber kamen Reiseblogger und Influencer und zum Schluss alle Zakynthos-Urlauber mit Instagram-Account. Als täglich tausende Menschen den Strand bevölkerten, brach ein Stück Klippe ab; sieben Urlauber wurden verletzt.

Schnappschuss aus früheren Zeiten: Heute ist der Navagio Beach wieder menschenleer.

Nach weiteren Erdrutschen wurde der Navagio Beach dann komplett gesperrt. Seitdem drängeln sich die Massen am Aussichtspunkt – in der Hochsaison sind ein, zwei Stunden Wartezeit für ein Foto üblich. Die „Panagiotis“ ist übrigens 1980 havariert, als sie offenbar für die italienische Mafia Zigaretten schmuggelte. Ihr Kapitän floh vor der Küstenwache – und lief vor Zakynthos auf Grund.

Schönheit hat ihren Preis

Dass Hydra die bekannteste der Saronischen Inseln ist, hat vor allem mit den Dingen zu tun, die es hier nicht gibt: Autos zum Beispiel, und Motorräder, und Motorroller – sie alle sind auf Hydra verboten, um die traditionelle Architektur und die historische Atmosphäre der Insel zu bewahren. Zumindest in der einzigen Stadt würde man mit dem Auto auch nicht viel anfangen können: Hydra Town ist ein beinahe unwirklich schöner Setzkasten aus verschachtelten weißen Häuserwürfeln, die vom Meer entlang steiler Gassen und Treppen bis zum Rand der Felsen hinter ihnen hinaufgekrabbelt sind.

Hydras Idylle hat auch Leonard Cohen inspiriert, der sich in den 1960er-Jahren auf der Insel niederließ und dort zwei seiner Bücher schrieb.

Seit den 1980er-Jahren haben betuchte Athener die Insel Haus für Haus aufgekauft; mittlerweile sind die Immobilienpreise exorbitant und die allermeisten Einheimischen fortgezogen. Lebhaft wird es vor allem an Wochenenden, wenn die Yachten aus Piräus einlaufen – dann ist es auch mit der berühmten Ruhe auf Hydra vorbei.