18.01.2023

Außerirdisch schön

Die irischen Landschaften haben in den letzten Jahren eine steile Karriere als Filmkulisse hingelegt. Von „Star Wars“ bis „Game of Thrones“ – für viele Megaproduktionen wurden Szenen in Irland gedreht.

Außerirdisch schön

Das Raumschiff landet elegant am Fuß einer bizarren Felseninsel – und für Rebellin Rey vom Widerstand sind es nur noch wenige Schritte, genauer gesagt, 618 Stufen, bis sie dem lange gesuchten Jedi-Ritter Luke Skywalker endlich gegenübersteht. Hoch oben auf einem Felsplateau über dem Meer treffen sich ihre Blicke.

Diese Schlusseinstellung aus dem Film „Star Wars 7 – Das Erwachen der Macht“ hat die kleine irische Insel Skellig Michael ins Star-Wars-Universum gebeamt – sie liegt dort auf dem Planeten Ahch-To. Und weil die Insel einfach außerirdisch schön ist, spielen große Teile des Nachfolgers „Star Wars 8 – Die letzten Jedi“ ebenfalls auf dem Eiland. Ja, es wird quasi zum Zentrum der Jedi-Kultur, hier steht der erste Jedi-Tempel, befindet sich die Jedi-Bibliothek. So spielt die Insel nun eine herausragende Rolle in den drei Filmtrilogien, eine umfassende SciFi-Heldensaga um den Kampf der galaktischen Republik gegen das Imperium, der hellen Seite gegen die dunkle Seite der Macht, des Guten gegen das Böse.

Skellig Michael: Rückzugsort für Mönche – und Jedi

Mit dieser tragenden Rolle im Film wurde Skellig Michael zu einem Must-see für eingefleischte Star-Wars-Fans. Auch Andrea David, die die Website filmtourismus.de betreibt und seit Jahren Drehorte in aller Welt besucht, hat sich als Star-Wars-Fan der ersten Stunde auf Skellig Michael umgesehen.

Die Boote auf die unbewohnte Insel starten von dem kleinen Fischerort Portmagee aus. Sie liegt rund zwölf Kilometer vom Festland entfernt. Pro Tag dürfen nur 180 Menschen den Felsen betreten – und das aus Sicherheits- und Umweltschutzgründen nur zwischen Mai und Oktober. Auch muss das Wetter passen, damit es mit dem Trip nach Skellig Michael etwas wird. Wer es aber auf die einsame Felseninsel schafft, auf den wartet ein einmaliges Erlebnis.

„Es sind etwa zweieinhalb Stunden, die man auf der Insel bleiben darf“, berichtet Andrea David. „Während der Zeit versuchte ich, die Orte der einzelnen Filmszenen wiederzuerkennen.“ Besonders beeindruckt hat sie das alte Kloster, das hier liegt. „Das Kloster ist im Film als ehemalige Jedi-Akademie von Luke Skywalker zu sehen. Es besteht aus sechs bienenkorbartigen Steinhütten, die die Mönche hier schon im 6. Jahrhundert gebaut haben, um sich vor den weltlichen Verlockungen des Festlandes zurückzuziehen. Was für ein magischer Ort!“ Andrea David ist bei ihren Filmlocation-Besuchen immer mit vorab ausgedruckten Screenshots aus den Filmen unterwegs, die sie vor der echten Kulisse fotografiert, sodass Filmszene und reale Umgebung verschmelzen – ein Markenzeichen von ihr. Auch auf Skellig Michael sind ihr so ​​beeindruckende Aufnahmen gelungen.

Bloggerin Andrea David nimmt auf ihre Reisen häufig Filmausschnitte als Bilder mit und fotografiert sie vor der Originalkulisse. Hier geht Rebellin Rey in "Star Wars 7" die Stufen auf Skellig Michael hoch, um Luke Skywalker zu treffen. Credit Andrea David

Die sensible Natur der Insel, das unter dem UNESCO-Schutz stehende Kloster und die Unwägbarkeiten des Wetters haben dazu geführt, dass die Star-Wars-Crew die Bienenkorbhütten des Klosters an der Spitze der Dingle-Halbinsel nachgebaut hat – um unabhängiger von äußeren Einflüssen drehen zu können. Das riesige Filmset steht an der Landspitze Sybil Head bei Ballyferriter. Nils, der mit seiner Frau Emer ebenfalls mehrfach auf den Spuren von „Star Wars“ in Irland unterwegs war und darüber ausführlich auf seinem Blog letsgoireland.com berichtet, merkt dazu kritisch an: „Für die einsam gelegene Skellig Michael war es schnell ein Segen, dass die Crew für ‚Star Wars 8‘ nur noch drei Tage auf der Insel drehen durfte und den Rest im nachgebauten Bienenkorbhütten-Kloster arbeitete. Das Ökosystem auf Skellig ist extrem sensibel, die Insel ist ein bedeutender Brutplatz für Seevögel, die von den Dreharbeiten schon sehr gestört wurden. Aber davon abgesehen, brachte ‚Star Wars‘ den Menschen in der Region bei weitem mehr Vor- als Nachteile.“

Chewbacca in der Schule und Meister Yoda am Straßenrand

Von den Dreharbeiten, die 2014 und 2015/16 an mehreren Locations in Irland stattfanden, und dem anschließenden Star-Wars-Hype – die Filme kamen 2015 und 2017 ins Kino – profitieren und profitierten natürlich vor allem die Hoteliers, die Pub-Besitzer und Souvenirhändler, die Bootsführer und Tourguides, Museen oder Landwirte. Aber auch sonst wurde das Leben der Einheimischen bereichert. Im Ort Ballyferriter auf der Dingle-Halbinsel zum Beispiel denkt man gerne an die Dreharbeiten zurück. Insbesondere einige Schulkinder gerieten völlig aus dem Häuschen, als der haarige Chewbacca ihre Schule besuchte, sich für Selfies zur Verfügung stellte und den Schülern Rede und Antwort stand – allerdings in der Sprache seines Heimatplaneten Shyriiwook. Star-Wars-Kenner wissen, dass die Sprache nicht zu verstehen ist, weswegen Chewbacca einen Partner dabei hatte, der seine Antworten ins Englische bzw. Irische übersetzte.

Haarige Angelegenheit: Chewbacca besucht eine Schule.

Überhaupt haben die ‚Star-Wars‘-Drehs viele Spuren im alltäglichen Leben hinterlassen, die Reisende auch heute noch sehen können. Sie reichen von den vielen Star-Wars-Souvenirs, denen man im Skellig-Michael-Museum oder in Souvenirshops in Dingle Town begegnet, bis hin zu Verkehrsschildern, auf denen Ober-Jedi-Meister Yoda zu langsamerem Fahren auffordert. Und in vielen Hotels und Kneipen, in denen die Filmcrews absteigen und feiern, erinnern noch heute Bilder und das ein oder andere Souvenir an die Dreharbeiten.

Jedi-Meister Yoda setzt seine Macht auch für sicheres Autofahren ein.

Nils und Emer führte ihr Star-Wars-Trip von der Dingle-Halbinsel im Südwesten bis nach Malin Head, dem nördlichsten Punkt Irlands. Auch hier wurden Filmszenen gedreht – und die Filmcrew besuchte danach gerne Farrens Bar in Ballygorman, die nördlichste Bar Irlands. Mark Hamill, Darsteller von Luke Skywalker, signierte dabei einen Stormtrooper-Stiefel, der jetzt – neben anderen Star-Wars-Erinnerungsstücken – stolz in der Bar präsentiert wird. Der Besitzer Hugh Farrens war so begeistert von den Star-Wars-Besuchern, dass er sogar ein großes Bild von Meister Yoda an die Wand des Pubs malte.

Von Ahch-To nach Westeros

Da wir schon ganz im Norden der Insel sind – schauen wir doch gleich über die grüne Grenze nach Nordirland, wo sich weniger Star-Wars-Fans tummeln als vielmehr jede Menge Thronies. So nennen sich die Fans der erfolgreichsten Serie aller Zeiten: „Game of Thrones“. Die Fantasy-Serie spielt in einer Welt, die dem Mittelalter ähnelt, erzählt den Kampf zwischen sieben Königreichen, garniert mit Drachen, Riesen und jeder Menge Blut und Sex. Eine fast unüberschaubare Anzahl von Charakteren, Handlungssträngen und Geschichten über Verrat und Treue, Liebe, Machtgier und Inzest werden in 73 Episoden ausgebreitet und faszinierten mehrere hundert Millionen Zuschauer in rund 170 Ländern – die gar nicht glauben wollten, dass die Serie mit der achten Staffel 2019 tatsächlich endete. Aber was heißt schon „endete“: Es gibt ja noch die realen Schauplätze, die sich besuchen lassen und in denen man in die Welt der Könige, Ritter und ihrer Dirnen eintauchen kann.

Zwar wurde für „Game of Thrones“ (GoT) z. B. auch in Dubrovnik, auf Malta, in Girona oder der Extremadura gedreht, die meisten realen Drehorte der Serie liegen aber in Nordirland. Für den Start zu einer Reise zu den GoT-Drehorten empfiehlt Filmtourismus-Bloggerin Andrea David den Tollymore Forest: „Er ist jedenfalls der perfekte Ort, diese Reise zu beginnen, denn hier wurden die Szenen der allerersten Folge von ‚Game of Thrones‘ gedreht. Hier trafen die Wächter der Nachtwache im ‚Verfluchten Wald‘ auf die Weißen Wanderer, die man schon seit Jahrhunderten für ausgestorben hielt.“ Und es warten viele weitere Drehorte in der Region: Die Inch Abbey, eine Burgruine aus dem 12. Jahrhundert, die in der ersten Staffel als Kulisse für das Camp von Robb Stark diente. Oder der River Quoile, im „Game of Thrones”-Kosmos besser als Riverrun in den Riverlands bekannt.

Bloggerin Andrea David vor den Ruinen der Inch Abbey mit dem passenden Filmausschnitt von "Game of Thrones".

Auf keine Fälle verpassen dürfen Thronies die Dark Hedges von Ballymoney im Landesinneren. „Die jahrhundertealte Buchenallee wurde für ‚Game of Thrones‘ zu einem Teil des Königswegs“, erklärt Andrea David. „Die Bäume gehören zu den meistfotografierten Motiven in Nordirland und auch viele Thronies machen hier Halt, obwohl dieser Drehort eigentlich nur für 18 Sekunden in der Serie zu sehen ist.“

Auch Studiosus-Gäste können auf ihren Reisen in Nordirland Thronies begegnen. Sie besuchen zum Beispiel die Burgruine von Dunluce, die hoch über dem Meer thront und GoT-Drehort war. „Manche Gäste sind zuerst irritiert, wenn sie aus dem Bus steigen und Menschen in mittelalterlichen Kostümen begegnen, die möglicherweise auch noch ein Holzschwert schwingen“, erzählt Studiosus-Reiseleiter Frank Zumbach.

Bogenschießen und Filmstudio-Touren

In Nordirland hat sich eine ganze Industrie um die Thronies herum gebildet: Auf Castle Ward, das die Rolle von Burg Winterfell einnahm, kann man zum Beispiel im GoT-Outfit selbst zum Bogenschützen werden. Von Belfast aus können Thronies verschiedene Game-of-Thrones-Touren mit Experten unternehmen. Und bei schlechtem Wetter – klar, das gibt es in Irland eigentlich nicht! – kann man trockenen Fußes in den Linen Mill Studios in Belfast in die Welt von „Game of Thrones“ eintauchen. In den Studios wurden viele Szenen der Serie gedreht. Die aufwändig inszenierte Studio-Tour wurde im Februar 2022 eröffnet. Für umgerechnet 50 Euro Eintritt steht man inmitten einzelner Filmsets wie die Winterfell Great Hall oder dem Dragonstone, sieht Original-Waffen und Kostüme und wird mittels Special Effects Teil der Serie.

Die Serie „Game of Thrones“ war für Nordirland wie ein Sechser im Lotto. Im Lauf der acht Staffeln wurden rund 5000 Einheimische beschäftigt, der Dreh hat dem Land über 200 Millionen Pfund eingebracht, schreibt das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Fast jeder in Nordirland kennt jemanden, der als Komparse in GoT mitgewirkt hat.

Bleibt noch die Frage, warum so viele Großproduktionen in Irland bzw. Nordirland gedreht wurden. Im Falle von Irland wäre da Screen Ireland, früher bekannt als Irish Film Board, zu nennen, das sehr umtriebig ist und über entsprechende Fördermittel verfügt. Besonders locken aber die staatlichen Steuererleichterungen (Irish Film Tax Incentive Section 481) Filmproduzenten an. „Section 481“ ist eine Steuergutschrift, die Anreize für die Produktion von Film- und Fernsehsendungen in Irland bietet.

Kulturwissenschaftler Nils hat für die Anziehungskraft Irlands als Filmlocation aber eine andere Theorie: „Der Hauptgrund für mich, warum Filme wie ‚Star Wars‘ oder Serien wie ‚Game of Thrones‘ oder ‚Vikings‘ ausgerechnet in Irland und Nordirland gedreht wurden, ist die Sehnsucht nach wilder, ursprünglicher Natur. Die Landschaften passen einfach perfekt in Mittelaltersettings. Hinzu kommt die historische Authentizität: In Irland ist die Wikinger-Kultur noch heute greifbar und hier liegt auch der Anfang der europäischen Mönchskultur inklusive Rückzug in die Abgeschiedenheit. Gerade das Mönchtum findet in ‚Star Wars‘ seinen Niederschlag. Wie Luke Skywalker in seiner Jedi-Kutte zwischen den Bienenkorbhütten auf Skellig Michael umherschlurft, wirkt er exakt wie einer jener Mönche, die sich im 6. Jahrhundert hier an den absoluten Rand der Zivilisation zurückgezogen haben.“

Außerdem wissenswert

Neben „Star Wars“ und „Game of Thrones“ wurde unter anderem für folgende Filme und Serien in Irland und Nordirland gedreht: „Harry Potter und der Halbblutprinz“, „Braveheart“, „The Northman“ und „Vikings“. Während alle genannten Filme mehr oder weniger mit Mittelalterthemen bzw. -anleihen jonglieren, spielen die Serien „Derry Girls“ und „Normal People“ in den 1990er-Jahren bzw. in der Gegenwart.

Am 5. Januar 2023 kam der Film „The Banshees of Inisherin“ des irischstämmigen Erfolgsregisseurs Martin McDonagh in die deutschen Kinos. Die schwarze Komödie spielt im Jahr 1923 auf einer abgelegenen Insel an der irischen Westküste und erzählt das abrupte Ende einer lebenslangen Freundschaft zwischen zwei Männern. Gedreht wurde auf Achill Island und den Aran Islands. Ausführliche Infos zu diesen Drehorten hat Nils auf seiner Website zusammengestellt.

Von Filmdrehorte-Bloggerin Andrea David ist im Herbst 2022 das Buch "Szene für Szene die Welt entdecken" erschienen. Darin enthalten ist jeweils ein Kapitel zu "Star Wars – Skellig Michael" und zu "Game of Thrones –Tollymore Forest".