21.03.2024

Land & Leute

Was sind Pencil Towers? Wer verhalf Hawaii-Hemden zum modischen Durchbruch? Und wer hält über hundert Weltrekorde im Guinness Book of Records? Hier erfahrt ihr es!

Land & Leute

Frau der Weltrekorde

Das Time-Magazin hat sie zur „Person of the Year“ gekürt, und vielleicht gibt es im Moment tatsächlich keinen berühmteren Menschen auf dem Planeten als die Musikerin aus Reading, Pennsylvania.

Mit 34 hat Taylor Swift schon mehr Nummer-Eins-Alben als jede andere Frau produziert, mehr Tonträger verkauft, mehr Billboard Awards gewonnen – im Guinness Book of Records hält sie über hundert (!) Weltrekorde. Die Konzerte ihrer Eras-Tour werden von ihren Fans (den Swifties) als religiöse Erfahrung beschrieben, die erwarteten Tournee-Einnahmen von vier Milliarden Dollar übersteigen das Bruttosozialprodukt von 21 Staaten der Welt. Dieser überwältigende Erfolg und ihre noch frische Beziehung mit Football-Superstar Travis Kelce sorgen in rechten Kreisen für schlechte Laune: Trump-Anhänger fürchten den Einfluss des Paares auf den Ausgang der kommenden Präsidentschaftswahl und setzen daher verschiedene Verschwörungserzählungen vor allem über die Sängerin in die Welt. Die bleibt bisher gelassen und beweist damit etwas, was dem Ex-Präsidenten fehlt: guter Stil.

Millionensport

American Football goes Germany: Die National Football League (NFL) versucht seit Längerem, in anderen Ländern Fuß zu fassen, hat dabei auch Deutschland im Blick und investiert hier seit Jahren viel Geld.

Im Herbst 2023 trug die NFL zwei Spiele in Frankfurt aus, angeblich hätte man für die beiden Partien über vier Millionen Tickets verkaufen können. In den USA selbst wiederum sind American-Football-Spiele längst zu durchchoreographierten Events für die ganze Familie geworden, Spieler wie Patrick Mahomes und der inzwischen zurückgetretene Tom Brady genießen Superstar-Status. Der Super Bowl – das Saisonfinale im Februar – ist das wichtigste TV-Ereignis des Jahres. Auch in Deutschland wird das Endspiel immer populärer und läuft seit Jahren im Free-TV. Die vielen Marketingmillionen hätte sich die NFL übrigens sparen können: Denn seit Starspieler Travis Kelce mit Taylor Swift zusammen ist, hat das Interesse an American Football und dem, was auf den VIP-Rängen im Stadion passiert, rasend schnell zugenommen.

Später Broadway-Star

Hätte man die Amerikaner vor zehn Jahren nach ihm gefragt – wahrscheinlich wäre vielen nicht mehr eingefallen als ein „irgend so ein Politiker“ oder „hab ich mal in der Schule gehört“. Dann aber hatte 2015 das Musical „Hamilton“ Premiere, und sein Namensgeber wurde zum Broadway-Star – 250 Jahre, nachdem er im Unabhängigkeitskrieg für die Souveränität Amerikas gekämpft hatte.

Knapp zehn Jahre später ist „Hamilton“ mit seinem schwarzen Cast und den von Hip-Hop und R&B inspirierten Songs noch immer erfolgreich. Es läuft am Broadway und in London, war in Chicago und Hamburg zu sehen und kann auf Disney+ gestreamt werden. „America then, as told by America now“, hat Autor und Komponist Lin-Manuel Miranda seine mitreißende Show über die Gründerzeit der USA genannt. Und wer Mr. Hamilton am Morgen nach dem Musical in Manhattan besuchen möchte, muss nur den Broadway hinunterlaufen: Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der Trinity Church am unteren Ende der berühmten Straße.

Blumige Hemden

Das vielleicht berühmteste Hemd der Modegeschichte gibt es seit etwa 1930: Damals kombinierten Schneider in Honolulu erstmals die Blumen- und Blütenmuster des tahitianischen Pareu (eine Art Südsee-Sarong) mit den Schnitten der Arbeitshemden chinesischer Plantagenarbeiter, und wenig später konnten sich Hawaii-Urlauber die ersten Aloha-Shirts anfertigen lassen.

Die goldene Ära der Shirts begann dann Ende der 1940er-Jahre, als Stars wie John Wayne, Montgomery Clift und Frank Sinatra die bunten Hemden weltberühmt machten. Seit Ende der 1960er-Jahre war das Hawaiihemd auf dem Archipel die übliche Geschäftskleidung in Ämtern, Banken und Büros; später wurde es zum tragbaren Symbol hawaiianischer Identität. Hemden bekannter Designer gelten heute als Wertanlage. In Oahus Spezialgeschäften kann man 50.000 Dollar ausgeben – und den Laden dennoch bloß mit zwei leichten Einkaufstüten verlassen.

Eine runde Sache?

Als Apple 2017 seine neue Firmenzentrale in Cupertino  vorstellte, schaffte es der ringförmige Bau des Stararchitekten Baron Norman Foster sofort auf die Titelseiten der wichtigsten Architekturmagazine. Was für ein Gebäude! Fünf Milliarden Dollar Baukosten! Fast ein halber Kilometer Durchmesser! Und dieses Design!

Erste Entwürfe für den Hauptsitz des Unternehmens im kalifornischen Silicon Valley stammten noch von Firmengründer Steve Jobs, dessen Idee eines minimalistischen Corporate Design bis in kleinste Details umgesetzt wurde. Nach der anfänglichen Begeisterung wird das Raumschiff von Cupertino mittlerweile aber auch kritisch gesehen: Weil die meisten der 12.000 Mitarbeiter mit dem Auto zur Arbeit kommen (müssen), trägt der Standort im Silicon Valley erheblich zur Verkehrsbelastung im Großraum San Francisco-San Jose bei.

Wohnen in „Bleistiften“

Eigentlich war das Zeitalter der Wolkenkratzer in New York am 11. September 2001 vorbei, jedenfalls behaupteten das damals viele. Dann aber dauerte es nur wenige Jahre, und überall in Manhattan wurden höhere Häuser gebaut als je zuvor – und schlankere. New Yorks super-skinny skyscrapers – die offiziell Pencil Towers heißen – kratzen nicht mehr am Himmel, sondern stechen wie feine Nadeln in ihn hinein.

Um in die superschlanke Kategorie aufgenommen zu werden, müssen Gebäude mindestens zehnmal so hoch sein, wie sie an ihrer schmalsten Stelle auf der Straße breit sind. Viele haben keine Namen, sondern sind nach ihrer Adresse benannt, 111 West 57th Street zum Beispiel (435 Meter, Verhältnis 24:1) 53W53 (320 Meter, 12:1) oder 56 Leonard (250 Meter, 10,5:1). Superwohl fühlen sich viele der superreichen Bewohner in ihren superschlanken Wolkenkratzern übrigens nicht: Weil die Türme bei Sturm an ihrer Spitze bis zu einem halben Meter schwanken, kommen sie sich in ihren Multimillionen-Dollar-Appartements vor wie auf einem Schiff in hohen Wellen.

Freudenfeuer in der Wüste

Das avantgardistische Kunstfestival "Burning Man" in der Wüste Nevadas wird gerne als Mischung aus Mad Max und Cirque du Soleil beschrieben (oder auch als halluzinogene Kirmes). Angefangen hat alles Mitte der 1980er-Jahre mit ein paar Freunden, die in der Einöde 120 Kilometer nördlich von Reno bei einer Party ein Freudenfeuer errichteten; heute kommen jedes Jahr 70.000 „Burners“, um in der Black Rock Desert mehrere Tage lang zu feiern und zu tanzen.

Viele Besucher tragen aufwändige Fantasiekostüme, manche verkleiden ihre Autos als Raumschiffe oder reisen auf Harleys an, die wie Drachen aussehen. Elon Musk und Mark Zuckerberg wurden schon gesichtet (getrennt, nicht zusammen), und vor ein paar Jahren bestritt Paris Hilton ein DJ-Set. 2023 ertrank das Festival im Dauerregen. Niederschlag fällt in diesem Teil Nevadas allerdings so selten, dass man in diesem Jahr eher wieder mit dehydrierten Teilnehmern und Sonnenstich-Patienten rechnen muss.

Die Dichterin und der Präsident

Als Amanda Gorman im Januar 2021 in ihrem gelben Mantel und dem roten Haarreif vor dem Kapitol ans Rednerpult trat und Joe Biden zunickte, war sie gerade einmal 22 – und die jüngste Dichterin, die je bei einer Amtseinführung eines amerikanischen Präsidenten aufgetreten war. Ihr Gedicht „The hill we climb“ hatte sie für diesen Tag geschrieben. Und noch einmal verändert, nachdem ein Mob Tage zuvor das Kapitol in Washington gestürmt hatte. „Lass die Welt sagen, wenn nichts sonst, dass dies wahr ist“, heißt es in „The hill we climb“, „Dass wir, selbst als wir trauerten, wuchsen. Dass wir, selbst als wir litten, hofften. Dass wir es, selbst als wir ermüdeten, versuchten.“

Die Afroamerikanerin Gorman stammt aus Los Angeles, litt als Kind an einem Sprachfehler und entdeckte früh die Möglichkeit, sich durch Schreiben auszudrücken – „Sprache ist ein Rettungsboot“, schrieb sie später in ihrem Gedicht „Schiff des Seins“. 2017 wurde die Harvard-Absolventin National Youth Poet Laureate (was man mit „nationale Jugenddichterin“ übersetzen könnte). Nach ihrem Auftritt bei Joe Bidens Amtseinführung war Gorman die erste Lyrikerin, die auf dem Cover der amerikanischen Vogue abgebildet war – und die erste, die beim Super Bowl ein Gedicht vortrug. Ihr Kinderbuch „Change sings“ schaffte es ebenso auf die Bestsellerliste wie zwei Gedichtbände.

Gorman versteht sich selbst als „schreibende Aktivistin“ und veröffentlicht regelmäßig Gedichte und Kolumnen in der New York Times, in denen sie Tragödien wie den Amoklauf an der Robb Elementary School im texanischen Uvalde oder die ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer thematisiert. Ihr werden politische Ambitionen nachgesagt.