18.01.2024

Land & Leute

Erfahrt mehr über die Lieblinge der Nation – von Ed Sheeran bis Harry Styles – und findet heraus, warum ein 150 kg schwerer Stein eine staatstragende Rolle spielt.

Land & Leute

Ein Stein auf Reisen

Ein rostroter Sandsteinblock, 150 Kilo schwer, mit ein paar eingeritzten Kreuzmotiven und einem eingelassenen Ring auf jeder Seite: Optisch macht der berühmte Stone of Scone nicht wirklich viel her. Für das nationale Selbstverständnis der Schotten ist der An Lia Fàil jedoch zentral: 42 Könige wurden auf ihm gekrönt.  Dann verloren die Schotten den Krieg gegen die Engländer, und Edward I. ließ den Stein 1296 aus der Scone Abbey westlich von Dundee nach Westminster schaffen und sich einen neuen Thron bauen, in den der Stein integriert wurde.

Von nun an saß der englische König gewissermaßen auf dem unterworfenen Schottland (niemand glaubte den Beteuerungen von dort, man habe den Stone of Scone zuvor ausgetauscht und das Original behalten). Über 650 Jahre blieb der Stein in England – dann stahlen ihn Studenten an Weihnachten 1950, um die schottische Unabhängigkeitsbewegung zu unterstützen. Scotland(!)-Yard-Beamte brachten ihn wieder nach England. Erst 1996 wurde der Stone of Scone den Schotten offiziell zurückgegeben, 2023 für die Krönung von König Charles noch einmal vorübergehend nach London gebracht. Ab dem Frühjahr 2024 soll er im Museum im schottischen Perth zu sehen sein.

Königin der Leinwand

Es gibt ja diese Filme, die man allein wegen ihrer Schauspieler immer wieder sehen möchte: Von denen hat Olivia Colman etliche gemacht. Vor kurzem zum Beispiel „Empire of Light“. Da spielt sie eine Frau, die den Verstand zu verlieren droht, und sie macht das so eindrucksvoll, dass man im Kino sitzt und denkt: Hat die Colman vielleicht selbst eine bipolare Störung? Großartig war die Schauspielerin aus Norwich in Norfolk (*1974) aber auch schon in „The Favourite – Irrsinn und Intrigen“, dafür gab es den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

Serienfans  kennen Colman als Queen aus „The Crown“; demnächst kommt die Dickens-Verfilmung „Great Expectations“ in die Kinos, da spielt sie Miss Havisham und das übrige Ensemble an die Wand. 2019 wurde Colman von Elizabeth II. zum „Commander of the Order of the British Empire“ ernannt und darf seitdem das Kürzel CBE hinter ihrem Namen tragen. Sie lebt mit ihrem Mann im Londoner Stadtteil Herne Hill.

Der berühmteste Untermieter der Filmgeschichte

„That’s not bad at all!“ – mit diesem Satz (bei dem er das „bad“ betonte, als würde es mit zwei a und anschließendem h geschrieben) spielte sich Rhys Ifans in die Herzen des Publikums. 1999 war das, als der damals 32-jährige Waliser in „Notting Hill“ an der Seite von Julia Roberts und Hugh Grant als leicht chaotischer Untermieter in Unterhosen zu sehen war.

Die Rolle bedeutete seinen internationalen Durchbruch. Es folgten Auftritte u. a. in „The Replacements“, „Hannibal Rising“, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, zwei Spiderman-Verfilmungen und das Game-of-Thrones-Spin-off „House of Dragons“. Ifans engagiert sich im Kampf gegen Obdachlosigkeit, setzt sich für den Erhalt seiner walisischen Muttersprache ein und gilt als wichtigster Unterstützer der Wikipedia Cymraeg, der walisischen Version der Wikipedia. That’s not bad at all!

Meisterkoch zwischen den Welten

Seine Mutter ist Deutsche, sein Vater Italiener und seine Küche so israelisch-arabisch wie seine Geburtsstadt Jerusalem – Kochen gelernt aber hat Yotam Ottolenghi in London, wo er seit Ende der Neunzigerjahre lebt und mehrere Restaurants, Delis und Läden betreibt. Ottolenghis Kochbücher sind internationale Bestseller (die Rezepte in „Ottolenghi“ und „Jerusalem“ hat er mit seinem palästinensischen Freund und Geschäftspartner Sami Tamimi zusammengestellt), seine Rezeptkolumnen in der New York Times (und bei uns früher im Spiegel) legendär – Ottolenghi hat quasi im Alleingang eine moderne Form der orientalischen Küche erfunden. Lieblingszutaten? Auberginen, Granatäpfel und Tahini, eine Paste aus fein geriebenem Sesam.

Beinahe wäre Ottolenghi (Jahrgang 1968) übrigens Journalist geblieben – nach seinem Studium in Vergleichender Literaturwissenschaft hat er bei Israels ältester Tageszeitung Haaretz gearbeitet. Vielleicht auch deshalb kann er den Rummel um seine Küchenkunst auf eine simple Schlagzeile reduzieren: „Das Beste am Kochen ist immer noch das Essen!“

Der nette Popstar

Hätte sich das vor ein paar Jahren irgendwer vorstellen können? Ein Stadion voller lachender, singender junger Leute, die rosafarbene Cowboyhüte tragen? Und pinke Federboas um den Hals? Und die sich zum Abschluss eines Konzerts zu Polonaisen aufstellen? Harry Styles schafft das.

Harry Styles schafft das locker. Der Sänger und Musiker aus Redditch bei Birmingham ist seit zwei, drei Jahren die Gallionsfigur einer „Treat people with kindness“-Bewegung (so heißt einer seiner Songs), die in allen Regenbogenfarben fröhlich gegen all das anfeiert, was Sex und Mannsein bislang für viele definiert hat. Wahrscheinlich ist Harry Styles der berühmteste "nicht-toxische" Mann auf dem Planeten. Ein guter Sänger und charismatischer Entertainer ist er sowieso. Und wie er den Softrock der Siebziger mit der Funk-Erotik der frühen Achtziger kombiniert: Das muss man auch erst einmal hinbekommen.

Zwei Alben gegen den Blues

Englands erfolgreichster Musiker der letzten Jahre hat eine schwere Zeit hinter sich: Tod und Krankheit im Freundes- und Familienkreis, Depressionen, ein vorbereitetes Grab im eigenen Garten und dann, als es ihm endlich etwas besser ging – erneut ein Gerichtsverfahren wegen Plagiats-Vorwürfen.

Er habe die Lust am Musikmachen beinahe verloren, hat er anschließend gesagt. Und kurz darauf gleich zwei neue Alben veröffentlicht. „Subtract“ (erschienen im Mai 2023) und „Autumn Variations“ (September 2023) zeigen einen neuen Ed Sheeran: emotionaler, nachdenklicher, verletzlicher. „They say that all scars will heal“, singt er, „but I know maybe I won’t, but the waves won’t break my boat.“

Superreiche Kellerkinder

Von einem Eisberg sieht man immer nur den kleineren Teil, der größere bleibt unsichtbar unter der Oberfläche – genauso verhält es sich mit den Iceberg Houses, die sich Londons Superreiche vor allem in den Nullerjahren in den vornehmsten Vierteln der Hauptstadt bauen ließen. Weil es für zusätzliche Stockwerke keine Genehmigung gab, wichen Milliardäre wie der russische Oligarch Roman Abramowitsch und der indische Stahlmagnat Lakshmi Mittal eben nach unten aus. So entstanden Hallenbäder, Fitnessräume und Kinosäle unter der Erde. Unter manchen Gebäuden gibt es Indoor-Golfanlagen und Tennishallen; ein Haus besitzt einen unterirdischen künstlichen Strand, ein anderes einen zehn Meter hohen Wasserfall.

Allein im Stadtteil Kensington genehmigten die Behörden 2006 fast tausend solcher Kellerausbauten. Die sind aber nur die Spitze des Eisbergs: Insgesamt gibt es in Chelsea, Highgate, Hampstead und Kensington fast 8000 Iceberg Houses.

Reader’s Paradise

Im walisischen Hay-on-Wye gibt es mehr Lesestoff als in jedem anderen Ort vergleichbarer Größe in Europa: Auf 1800 Einwohner kommen über dreißig Buchhandlungen und zehn Millionen Bücher. Geschätzt, genau weiß das niemand, es hat sie noch nie jemand gezählt. Angefangen hat das alles mit einem – leicht exzentrischen – Buchliebhaber namens Richard Booth. Der zog in den 1960er-Jahren in das beschauliche Dorf, kaufte die historische Bibliothek des Erzbischofs von York und noch ein paar Dutzend große Sammlungen und bot die Bücher anschließend zum Verkauf an.

Ist lange her – Bücher aber liebt man in Hay-on-Wye immer noch. Sie stehen nicht bloß in den Buchhandlungen und Antiquariaten, sondern auch in alten Garagen, Innenhöfen und überdachten Regalen irgendwo im Freien. Zum Hay Festival kommen jedes Jahr 80.000 Besucher; seit der Pandemie kann man Lesungen und Diskussionsrunden auch online verfolgen.

Wohnen in der Filmkulisse

Lage! Lage! Lage! Viel spektakulärer als Otis Milburn und seine Mutter Jean in der beliebten Netflix-Serie „Sex Education“ kann man wohl kaum wohnen (oder praktizieren – Jean ist eine gefragte Sexualtherapeutin). Ihr Haus, umgeben von Wäldern hoch über einem Fluss, sieht aus wie ein skandinavischer Edel-Landsitz, und wenn man die Milburns auf ihrer Terrasse frühstücken sieht, kann man angesichts des Panoramas schon ein wenig neidisch werden.

Lange Zeit konnte man das 1912 erbaute und 2002 renovierte Chalet Symonds Yat East in der Nähe des Ortes Ross-on-Wye an der Grenze zu Wales mieten und Urlaub in einer Filmkulisse machen. Mittlerweile (Stand: Dezember 2023) steht das Haus zum Verkauf: fünf Schlafzimmer, drei Bäder, drei Wohnzimmer, verteilt auf drei Etagen, knapp 290 Quadratmeter Wohnfläche. Grundstücksgröße: 18.300 Quadratmeter. Der Makler weist darauf hin, dass die private Zufahrt sehr lang sei – möglicherweise, um Fans der Serie abzuschrecken, kurz mal vorbeizuschauen. Der Preis? 1,5 Millionen britische Pfund – umgerechnet rund 1,7 Millionen Euro.