12.10.2022

Land & Leute

Welche gutgelaunte Südafrikanerin tanzt regelmäßig durch deutsche Wohnzimmer? Warum ist die sogenannte Kapflora weltweit einzigartig? Hier findet ihr es heraus!

Land & Leute

Vier für den Frieden

Das gewaltfreie Ende der Apartheidpolitik und der friedliche Wandel zur Demokratie in Südafrika grenzen an ein Wunder. Vier Männer haben sich dafür besonders eingesetzt und werden an der Viktoria & Alfred Waterfront in Kapstadt durch ein Denkmal geehrt: die südafrikanischen Friedensnobelpreisträger Albert Luthuli, Desmond Tutu, Frederik de Klerk und Nelson Mandela.

Albert John Luthuli erhielt den Preis 1960 als erster Afrikaner überhaupt – für seinen von Mahatma Gandhi inspirierten gewaltfreien Widerstand als Führer des African National Congress ANC gegen die damalige Politik der Rassentrennung in Südafrika. 1984 wurde dem südafrikanischen Geistlichen Desmond Tutu der Friedensnobelpreis zugesprochen – ebenfalls für seine Menschenrechtsaktivitäten und seinen Einsatz für die Überwindung der Apartheidpolitik. Frederik Willem de Klerk war der letzte weiße Staatspräsident Südafrikas (1989–1994). Für seine Reformen und schließlich die Abschaffung des Apartheidsystems wurde er 1993 ebenso mit dem Friedensnobelpreis geehrt wie der langjährige Antiapartheid-Aktivist und die Galionsfigur des Widerstands, Nelson Mandela. Er war von 1994 bis 1999 der erste schwarze Präsident Südafrikas.

Seit 2005 stehen die vier südafrikanischen Friedensnobelpreisträger am Nobel Square an der Waterfront. Die Skulpturen stammen von Claudette Schreuders. Im Boden davor sind Zitate der vier eingraviert.

Zwei Ozeane, ein Aquarium

Am Kap treffen zwei Meere aufeinander. Der warme Indische Ozean und der kühle Atlantik. Wo sie sich genau begegnen, ist umstritten. Ist es am Kap Agulhas, dem südlichsten Punkt Afrikas? Oder ist es Cape Point, wo in einer Entfernung von 200 km vom Festland eine kalte atlantische und eine warme Meeresströmung aus dem Indischen Ozean aufeinandertreffen?

Sicher jedenfalls ist: Im Two Oceans Aquarium an der Victoria & Alfred Waterfront in Kapstadt kann man trockenen Fußes in die Unterwasserwelt vor Südafrikas Küsten eintauchen. In mehr als 30 Becken sind rund 300 Fischarten zu sehen, außerdem Reptilien, Pinguine und Riesenschildkröten. Besucher starten ihren Rundgang mit den bunten Bewohnern des Indischen Ozeans. Zwischen den Korallenriffen schimmern die farbenfrohen Tropenfische in ihren Becken. Nur einige Schritte weiter und es wird dunkel und geheimnisvoll. Die kalte Welt des Atlantiks bietet aber nicht weniger Interessantes: Riesenkrabben recken ihre Beine, Anemonen wirken schwerelos wie im All und in einem gigantischen Becken wogen Kelpwälder (Tang) hin und her.

Eintauchen in die Unterwasserwelt nimmt man im Two Oceans Aquarium übrigens wörtlich. Wer eine Open-Water-1- Tauchlizenz besitzt, kann im zwei Millionen Liter fassenden Predator Tank einen halbstündigen Tauchgang mit Sandtigerhaien absolvieren.

Auf nach Gqeberha!

Die Kolonialherrschaft der Niederländer und Briten hat in Südafrika viele Spuren hinterlassen. Einige sind bis heute spürbar – und sichtbar. Zum Beispiel auf Straßenschildern: Städte wie Stellenbosch, Franschhoek oder Bloemfontein erinnern an die früheren Kolonialherren. Seit einigen Jahren setzen die südafrikanischen Behörden einen Trend in die andere Richtung, um die eigene Identität und Kultur zu stärken. So wird bereits 2005 aus Pietersburg Polokwane, und aus Pretoria offiziell Tshwane - mit der praktischen Umsetzung hapert es jedoch noch ein bisschen. Neueste Trägerin eines neuen Namens ist die Stadt Port Elizabeth: Gqeberha steht seit 2021 auf dem Ortsschild. Die Aussprache ist für Touristen sicherlich eine Herausforderung – aber auch einige Einheimische scheinen darüber zu stolpern, weshalb südafrikanische Medien Anleitungen veröffentlicht haben. Gut zu wissen für den Reisebüroalltag: Auch zwei Flughäfen haben letztes Jahr neue Namen bekommen. Der Port Elizabeth Airport heißt jetzt Chief Dawid Stuurman International Airport (IATA-Code PLZ), während der East London Airport nun als King Phalo International Airport (IATA-Code ELS) angeflogen wird.

Die Steinpyramide in Gqeberha erinnert an Elizabeth Donkin, früh verstorbene Ehefrau des Stadtgründers Sir Rufane Donkin. Nach ihr wurde Port Elizabeth benannt.

Schwerreicher Auswanderer

Wo soll man nur anfangen bei diesem Mann? Vielleicht mit den 253 Milliarden US-Dollar, die er laut „Forbes“-Magazin besitzt: Elon Musk ist im Moment der reichste Mann der Welt, außerdem Tesla- und SpaceX-Chef, PayPal-Mitgründer, Tech-Visionär, Twitter-Ärgerer und gerne auch mal Internet-Troll. Was viele Menschen nicht wissen: Musk besitzt nicht nur die US-amerikanische und die kanadische Staatsbürgerschaft, sondern auch die südafrikanische. Denn geboren wurde der umtriebige Unternehmer 1971 in Südafrikas Hauptstadt Pretoria, der Heimat seines Vaters. Doch allzu lange hält es Musk in seinem Geburtsland nicht: Da er sich dem Militärdienst im damaligen Apartheid-Staat entziehen will, wandert er mit 17 Jahren nach Kanada aus, woher seine Mutter stammt. Er habe nicht zwei Jahre damit verbringen wollen, schwarze Menschen zu unterdrücken, sagt er später in einem Interview. Der Umzug ist für Musk auf jeden Fall eine Entscheidung, die sein Leben für immer verändert: In Kanada beginnt er damals ein Studium und siedelt dann in die USA über, wo er als 24-Jähriger sein erstes Unternehmen Zip2 (mit-)gründet. Der Beginn einer sagenhaften Karriere. Und falls ihr euch fragt, wie viel Geld Elon Musk seit der Entstehung dieses Textes hinzuverdient – oder auch verloren – hat, findet ihr hier die Antwort.

Zum Erfolg getanzt

Schaut ihr „Let’s Dance“? Dann kennt ihr Motsi Mabuse nur zu gut: Seit 2007 tanzt, bewertet und vor allem lacht sich die 41-Jährige durch die RTL-Show. Und seit 2019 sitzt sie sogar auch in der Jury der britischen Ausgabe „Strictly Come Dancing“. Die Wurzeln der Profitänzerin liegen im südafrikanischen Mankwe, rund 200 km nordwestlich von Johannesburg. Dort fängt sie als Elfjährige mit Standard- und lateinamerikanischen Tänzen an, orientiert sich beruflich jedoch erst einmal an ihrem Vater, der Richter ist. Doch schon bald gibt sie das Jurastudium in Pretoria auf, zieht der Liebe wegen nach Deutschland, sammelt im Tanzen einen Meistertitel nach dem anderen und wird von Chef-Juror Joachim Llambi höchstpersönlich für „Let’s Dance“ engagiert. Nebenbei betreibt Mabuse mit ihrem Ehemann, dem ukrainischen Tänzer Evgenij Voznyuk, eine Tanzschule im Taunus, verkauft ihre eigene Schmuckkollektion, ist Autorin zweier Bücher – und Mutter einer kleinen Tochter. Das alles wuppt das Multitalent mit scheinbar unzerstörbar guter Laune. 10 Punkte für Motsi Mabuse!

Blitzschnelle Kämpferin

Es ist der 19. August 2009, als sich die Blicke der Weltöffentlichkeit auf Caster Semenya richten. Beim Finale über die 800 Meter der Frauen bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin führt die bis dahin unbekannte 18-Jährige das Feld an, am Ende ist sie über zwei Sekunden schneller am Ziel als ihre Konkurrentinnen. Es folgen: Jubel, eine Goldmedaille – und Zweifel. Denn die Südafrikanerin wirkt männlich, ist sehr muskulös und hat eine tiefe Stimme. Zwei Fragen werden damals immer lauter gestellt: Ist die Athletin überhaupt eine Frau? Und bei den Frauen startberechtigt? Als Semenya 1991 in Pietersburg geboren wird, stufen die Ärzte sie als weiblich ein. Gleichzeitig hat sie XY-Chromosomen und einen natürlich erhöhten Testosteronspiegel, ist also intergeschlechtlich. Ihr Triumph in Berlin bringt der Mittelstreckenläuferin nicht nur den Weltmeistertitel, sondern auch jahrelange Demütigungen: Sie muss sich mehreren Geschlechtstests unterziehen und sich gegen Hormonbehandlungen wehren, die der Leichtathletik-Weltverband verlangt. Sie wird mehrmals gesperrt und wieder zugelassen, sie muss übergriffige Fragen und öffentliche Anfeindungen aushalten. Doch die heute 31-Jährige kämpft gegen die Diskriminierung: Sie legt sich mit dem Leichtathletik-Weltverband an und sagt vor dem Internationalen Sportgerichtshof aus. Anfang 2021 zieht die inzwischen zweifache Olympiasiegerin vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um ohne Hormonbehandlung auf ihrer Paradestrecke über 800 Meter laufen zu dürfen. Ein Urteil steht noch aus.

Der Apothekerfrosch

Es gibt Frösche, die wissen, wie das Wetter wird, und es gibt Frösche – die wissen, ob eine Frau schwanger ist.  Unglaublich? Aber wahr: Der britische Forscher Lancelot Thomas Hogben stieß 1927 in Südafrika bei seinen Forschungen über Hormone auf den afrikanischen Krallenfrosch.

Die damals zur Verfügung stehenden Schwangerschaftstests waren aufwändig und grausam: Man injizierte weiblichen Mäusen den Urin einer mutmaßlich schwangeren Frau. Nach einigen Tagen musste man das Tier aufschneiden, um nachzusehen, ob die Eierstöcke angeschwollen waren. Falls ja, war die Frau schwanger.

Hogben nun spritzte weiblichen Krallenfröschen den Urin. War die Frau schwanger, laichten sie binnen 24 Stunden. Die Vorteile der Hogben-Methode liegen auf der Hand: Die Tiere müssen nicht getötet werden, der Test kann am gleichen Frosch beliebig oft wiederholt werden und das Ergebnis ist schon nach 24 Stunden da.

Kein Wunder, dass sich der Hogben-Test schnell verbreitete. Von den 1930er- bis in die 1960er-Jahre wurden Zehntausende Krallenfrösche aus Südafrika als „Schwangerschaftsindikator“ nach Europa und Amerika verschickt. Apotheken wurden zu Aquarien. Erst ab den 1970er-Jahren, als chemische Schwangerschaftstests aufkamen, wurden die „Apothekerfrösche“ arbeitslos – und ausgesetzt. Jetzt quaken sie als invasive Art in Tümpeln in aller Welt und verdrängen als gefräßige Amphibien so manche einheimische Froschart.

Mehr über die Apothekerfrösche könnt ihr in einem siebenminütigen Filmbeitrag in der arte mediathek erfahren.

Im kleinsten Florenreich

Mit ihrer bis zu einem halben Meter großen Blüte ist sie wirklich beeindruckend – die Königsprotea, Südafrikas Nationalblume. Sie ist Teil eines eigenen Florenreichs, der sogenannten „Capensis“ oder Kapflora. Weltweit unterscheiden die Botaniker sechs Florenreiche mit jeweils typischen Pflanzenarten: Das erste Florenreich umfasst die gesamte Nordhalbkugel von Alaska bis Sibirien, das zweite erstreckt sich über ganz Süd- und Mittelamerika, das dritte befindet sich in Afrika südlich der Sahara und in Teilen Asiens, Nummer vier und fünf bedecken Australien bzw. die Antarktis – und das sechste und mit Abstand kleinste Florenreich befindet sich im Süden Südafrikas. Auf einer Fläche von nur 90 000 km2 oder 0,04 Prozent der Erdoberfläche wachsen hier 9300 Pflanzenarten. Davon kommen 70 Prozent weltweit nur hier vor. Kein Wunder, dass die UNESCO die Kapflora 2004 auf die Liste des Weltnaturerbes gesetzt hat. Neben zahlreichen Proteenarten finden sich Silber- und Milchbäume, fleischfressende Pflanzen und Feuerblumen, spezielle Iris- und Erika-Arten. Auch der Rotbusch wächst nur hier: Aus seinen Zweigen wird der Rooibos-Tee gewonnen, ein in Südafrika beliebtes Getränk, das sich mittlerweile zum Exportschlager entwickelt hat.

Eine Königsprotea in voller Blüte.