Fair reisen – Arbeitsbedingungen und Menschenrechte im Tourismus
„Oh nein, nicht schon wieder in einen Teppichladen!“ Bei einer Reihe von Rundreiseveranstaltern ist es üblich, dass die Gruppen – etwa in der Türkei, in Indien oder Marokko – häufig zu Verkaufsveranstaltungen geführt werden. Das liegt u. a. daran, dass die Reiseleiter oft schlecht bezahlt werden und ihr Einkommen durch Provisionen aus Verkaufsveranstaltungen aufbessern oder sogar davon leben müssen. Studiosus hingegen entlohnt seine Reiseleiter so, dass sie auf Nebeneinnahmen nicht angewiesen sind. Das heißt allerdings nicht, dass Studiosus-Gäste niemals zu Verkaufsveranstaltungen gehen – denn einerseits können solche Veranstaltungen durchaus interessant sein und einen Mehrwert für die Gäste bieten, und andererseits ist ihr Besuch in manchen Ländern wie der Türkei oder China von offizieller Seite erwünscht.
Neuer Schub für Menschenrechte
Der faire Umgang mit seinen Reiseleitern und anderen Leistungspartnern wie Busagenturen und Hotels ist seit Jahrzehnten im Studiosus-Unternehmensleitbild festgeschrieben. Seit 2011 hat dieser Grundsatz noch einmal an Gewicht gewonnen: Damals hatten die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet und damit erstmals einen verbindlichen Rahmen für die Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen festgelegt. Studiosus hat dies zum Anlass genommen, seine Reisen und Geschäftsbeziehungen umgehend im Hinblick auf mögliche Menschenrechtsproblematiken zu überprüfen. Nach Abschluss der Analysephase überarbeitete Studiosus 2012 die Verträge mit seinen Leistungspartnern. Es wurden neue Vereinbarungen zur Achtung der Menschenrechte bezüglich der Arbeitsbedingungen von Hotelangestellten, Schiffspersonal und Busfahrern aufgenommen, zum Beispiel sichere Arbeitsverhältnisse, Arbeitszeit- und Freizeitregelungen und die Umsetzung anderer Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
Kürzere Arbeitszeiten für Reiseleiter
Auch die Arbeitsbedingungen der Reiseleiterinnen und Reiseleiter wurden noch einmal einer Prüfung unterzogen. Als Folge davon reduzierte Studiosus die Arbeitszeiten der Reiseleiter. Alle Routen wurden unter diesem Aspekt geprüft und ggf. verändert.
Außerdem wurde es den Reiseleiterinnen und Reiseleiter freigestellt, bei den Abendessen mit der Gruppe im Hotel dabei zu sein. Nachdem sie den Gästen beim Bestellen geholfen haben, können sie sich zum Beispiel auf ihr Hotelzimmer zurückziehen, um sich auszuruhen.
Dass die Reiseleiterinnen und Reiseleiter mit ihren Arbeitsbedingungen bei Studiosus zufrieden sind, zeigt die jährlich durchgeführte Befragung der Studiosus-Reiseleiter.
Ein Bus ist kein Schlafzimmer
Neben den Reiseleitern sind es auch die Busfahrerinnen und Busfahrer, die unterwegs für eine sichere Studiosus-Reise sorgen. Doch die Arbeitsbedingungen der Busfahrer und ihrer Assistenten sind nicht in allen Ländern vorbildlich. Je nach Land und Route konnte es früher vorkommen, dass die Busfahrer in ihrem Fahrzeug übernachten mussten. Üblich war das beispielsweise in Indien.
„Bis 2011 war es auf den Indienreisen, die ich als Reiseleiter begleitete, in der Regel so, dass der Busfahrer und sein Assistent im Bus übernachteten. Ich verbrachte meist einen oder zwei Abende auf der Reise mit dem Busteam, wir bereiteten uns auf einem Gaskocher vor dem Bus das Abendessen zu und hörten dabei Bollywood-Musik“, erinnert sich Fabian Balz, früher Studiosus-Reiseleiter in Indien, heute Länderexperte im Studiosus-Team in München.
Seit der Überprüfung der Studiosus-Reisen 2012 hinsichtlich möglicher Menschenrechtsproblematiken hat diese Praxis auf Studiosus-Reisen in Indien, aber auch in anderen Ländern, wo die Busfahrer oder die Busbegleiter ebenfalls im Fahrzeug übernachteten, ein Ende. Seither verpflichtet Studiosus seine Busagenturen, ihren Busfahrern auf Studiosus-Reisen, soweit sie nicht zu Hause schlafen können, eine Übernachtung im Hotel zu ermöglichen bzw. zu bezahlen. In den Verträgen ist darüber hinaus schon seit 2006 festgeschrieben, dass die Busfahrer die in Europa gesetzlich geltenden Arbeits- und Ruhezeiten einhalten müssen – überall auf der Welt.
Verlässlicher Partner für Hotels
Drittes wichtiges Element einer Studiosus-Reise sind die Hotels. Auch für die Hotels ist Studiosus ein fairer Partner – und setzt wo immer möglich auf langfristige Geschäftsbeziehungen, um beiden Seiten Planungssicherheit zu bieten. Mit vielen Hotels arbeitet Studiosus daher bereits seit Jahrzehnten zusammen, zum Beispiel mit der Masseria Santa Lucia in Apulien oder dem Hotel Europa im griechischen Olympia.
Außerdem ist es Studiosus wichtig, dass in den Hotels die Menschenrechte und Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wie existenzsichernde Löhne, geregelte Arbeitszeiten oder das Recht auf Versammlungsfreiheit eingehalten werden. Und die Verpflichtung zum Kinderschutzkodex hat uns schon im Jahr 2000 veranlasst, in den Verträgen festzuschreiben, dass die Geschäftsbeziehungen sofort beendet werden, wenn ein Hotel die sexuelle Ausbeutung von Kindern duldet.
Darüber hinaus erhebt Studiosus bei seinen Hotelpartner in aller Welt jährlich, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der Arbeitszeit bei Unfall versichert sind oder ob das Hotel Jugendliche unter 15 Jahren beschäftigt. Bestehen Unklarheiten, haken die Studiosus-Hoteleinkäufer nach. Sollte sich dabei herausstellen, dass grundlegende ILO-Kernarbeitsnormen missachtet werden, wird die Zusammenarbeit auf den Prüfstand gestellt.
Geschäftspartner mit Studiosus sehr zufrieden
Dass die Leistungspartner sich auch wirklich fair behandelt fühlen, wird in den alle zwei Jahre durchgeführten Befragungen von Hotels, Zielgebietsagenturen, Busunternehmen und Airlines, mit denen Studiosus zusammenarbeitet, deutlich.
Und auch seine Kunden bittet Studiosus in einem Beurteilungsbogen um die Einschätzung, ob ihre Reise sozialverträglich abgelaufen ist. 2019 gaben dabei über 98 Prozent der Gäste an, dass ihre Erwartungen hinsichtlich der Sozialverträglichkeit ihrer Reise erfüllt oder übertroffen worden wären.
Außerdem wissenswert:
Das neue Sorgfaltspflichtengesetz soll deutsche Unternehmen künftig für Menschenrechtsverletzungen bei ihren Leistungspartnern in aller Welt in Verantwortung nehmen. Studiosus kommt schon seit Jahren den Forderungen eines solchen Gesetzes nach. Erfahren Sie mehr darüber im Studiosus-Online-Magazin
Seine Erfahrungen mit dem Thema Menschenrechte auf Reisen bringt Studiosus seit 2012 in den auf Mitinitiative des Unternehmens gegründeten Roundtable Human Rights in Tourism e. V. auf Branchenebene ein. Es wurden bisher u. a. ein Management-Leitfaden, ein Online-Fortbildungsmodul sowie ein Leitfaden mit Arbeits- und Sozialstandards zur Beschäftigung von Fahrpersonal entwickelt, der von Studiosus maßgeblich miterarbeitet wurde.
„Faire Beziehungen mit unseren Geschäftspartnern“ – dieser Grundsatz ist im Studiosus-Unternehmensleitbild fest verankert. Darin heißt es hierzu: „Leistungspartner spielen eine entscheidende Rolle als Mitwirkende bei der Erfüllung der Kundenerwartungen. Dies gilt für touristische wie auch für andere Geschäftspartner. Unser Ziel muss daher eine für alle Beteiligten nutzbringende und auf Langfristigkeit angelegte Partnerschaft sein. Je besser und kontinuierlicher die Zusammenarbeit vor allem mit unseren Leistungspartnern in den Zielgebieten ist, desto eher werden diese
unseren Gästen das Gefühl vermitteln, willkommen zu sein.“